Gott
Das Wort Gott steht in seinem allgemeinen Sinn als Gattungs- bzw. Sammelbegriff für transzendente (d.h. die erfahrbare Welt – auf welche Weise auch immer – übersteigende) Mächte, die ihrerseits Einfluss auf das Leben in der für uns erfahrbaren Welt nehmen. An einen Gott oder mehrere Götter glauben, heißt dann, (1) die Existenz bzw. Wirksamkeit einer solchen Macht bzw. solcher Mächte anzunehmen sowie (2) sein Leben auf die Bestärkung dieser göttlichen Macht bzw. dieser göttlichen Mächte in der Welt hin zu orientieren.
In einem davon abgeleiteten, erweiterten Sinn kann das Wort Gott generell für alles stehen, was einzelnen Menschen letzte Lebensorientierung ist („dies oder jenes ist sein/ihr Gott“). Das jeweils mit unterschiedlichen Bedeutungen gefüllte Wort Gott steht dann für miteinander konkurrierende Lebensorientierungen, unter denen die einzelnen Gottesvorstellungen ihren Platz suchen und ihre je spezifische Art des Gottesglaubens auszudrücken haben.
Inhaltsverzeichnis
Sprachwissenschaftliche Bedeutung
Der Wortstamm von Gott ist sehr alt und ausschließlich im germanischen Raum entstanden. Bezeichnungen sind mittelhochdeutsch, althochdeutsch Got, gotisch Guth, englisch God, schwedisch Gud. Sämtliche Bezeichnungen gehen auf das germanische *guda- (Anruf) Gott zurück, welches ursprünglich sächliches Geschlecht hatte, weil es männliche und weibliche Gottheiten zusammenfasste.
Nach der Christianisierung wurde das Wort umgedeutet und im gesamten germanischen Sprachbereich als Bezeichnung des meist als männlich empfundenen Christengottes verwendet. Seitdem ist es nur noch unter Der Gott bekannt. Dem Ursprung nach würde der Begriff aber Das Gott heißen (vgl. das Femininum im hebr. „ruach“).
Die Herkunft des germanischen Wortes ist bis heute nicht völlig geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass der Begriff aus dem substantivierten zweiten Partizip des Indogermanischen *ghuto-m der Verbalwurzel *ghau (= [an]rufen) entstanden ist. Nach dieser These wäre Gott das (durch Zauberwort) angerufene Wesen. Weiter kann es auf die indogermanische Wurzel *gheu- (= gießen) zurück geführt werden, wonach Gott als das, dem (mit) Trankopfer geopfert wird zu verstehen wäre. [1]. Kluges Etymologisches Wörterbuch der Deutschen Sprache bestärkt den Punkt der Ableitung von Gießen bzw. Trankopfer durch Vergleich zum Avestischen, Altindischen. Im Vergleich der indogermanischen Sprachen gegenüber den z.B. semitischen Sprachen besteht ein Unterschied in der Bedeutung und Herkunft des Begriffes Gott, was u.a. Auswirkungen auf die abendländisch-christliche Theologie hatte, welche den Terminus besetzte und in der Auseinandersetzung mit der ursprünglichen Religion nutzte.
Verschiedene Gottesvorstellungen
Polytheistische Sichtweisen
Die polytheistische Vorstellung von Göttern manifestierte sich u.a. in den Mythologien der Antike. Eine der wichtigsten Vorstellungen war die des griechischen und römischen Pantheon. Die erzählten Mythen um diese Götter gehören bis in die Gegenwart zum kollektiven Gedächtnis der westlichen Welt. Noch in Mittelalter und Neuzeit Europas blieb der Glaube an einige Figuren erhalten, vor allem an Göttinnen wie Fortuna und Venus. Aber auch Amor, Melusine, Cupido und um die populären Arthusmythen einige Figuren der keltischen Mythen. Viele Nationalstaaten, Städte und aristokratische Familien haben so ihre Gründungsmythen, die auf Figuren der polytheistischen Gottesvorstellungen zurückführbar sind.
Doch nicht nur die westlichen Staaten sind geprägt vom Polytheismus, noch heute prägen Afrika und Asien schamanistische oder Indigene Religionen, beispielsweise der Shintō in Japan.
Monotheistische Sichtweisen
Der Monotheismus, der sich zuerst in den Lehren Zarathustras, im Aton-Kult des Echnaton und im Judentum ausgebildet hat, wird vor allem von den relativ jungen Religionen wie Christentum und Islam repräsentiert.
Verschiedene Formen monotheistischer Gottesvorstellungen sind:
- der Theismus, der Glaube an einen persönlichen Gott, der die Welt erschaffen hat, sie erhält und lenkt;
- der Deismus, nach dem Gott zwar Schöpfer der Welt ist, aber seit der Schöpfung nicht mehr in das Geschehen der Welt eingreift und sich nicht mehr offenbart;
- der Pantheismus, dessen Anhänger Gott als den nicht transzendenten Inbegriff allen universalen Seins und aller wirkenden Kräfte definieren;
- der Theokratismus, der Glaube, dass Gott nicht nur Schöpfer des Universums ist, sondern auch direkter Herrscher des Universums ist bzw. sein soll.
Juden- und Christentum
Das hebräische Wort „El“, das wahrscheinlich „Mächtiger“ oder „Starker“ bedeutet, wird in der Bibel in der Pluralform „Elohim“ in Bezug auf den Schöpfer des Universums, im Singular auch auf andere Götterwesen und (selten) sogar auf Menschen gebraucht. Oft wird der Begriff für eine „höchste Erscheinung“ verwendet. Dabei wird dieser inklusive Allgemeinbegriff für etwas Göttliches vom exklusiven Namen des einzigen Gottes Jahwe, der mit seiner Rettungstat an Israel untrennbar verbunden ist (Exodus 3,14), unterschieden.
„Theos“, das griechische Wort für Gott, entstammt wohl dem Verb „theo“, platzieren. „Theos“ ist demnach wörtlich ein Platzierer, ein Unterordner. Im Neuen Testament kommt es daher auf den Kontext an, um zu erkennen, wer damit gemeint ist. Jesus als Herrscher auf dem Thron wird Gott genannt (Hebräerbrief 1,8) und Paulus (Apostelgeschichte 28,6), als durch ihn ein Wunder gewirkt wurde. Auch der eigene Körper kann ein Gott sein (Philipperbrief 3,19). Jesus wird „einziggezeugter Gott“ (Johannesevangelium 1,18) genannt. Sein Vater ist aber der Gott aller (Epheserbrief 4,6; 1. Korintherbrief 8,4).
Dem jüdischen und christlichen Gott werden (wie auch dem Gott des Islam und der Baha'i) die Attribute Allmacht (Omnipotenz), Wissen (Allwissenheit), Güte, Liebe, Ewigkeit, Unveränderlichkeit und Unendlichkeit zugeschrieben. Siehe auch: Monotheismus
Der jüdische und christliche Gott trägt den Eigennamen JHWH (vermutete Aussprache Jahwe), der – alter jüdischer Praxis folgend – auch in modernen Bibeln oft durch den Titel „HERR“ ersetzt ist. Außerdem werden einige weitere Namen und Namenszusätze für Jahwe verwendet, darunter Zebaot (auch „Sabaoth“, deutsch: „Herr der Heerscharen“).
Jesus Christus wird im Neuen Testament als „Sohn Gottes“ bezeichnet. Die Evangelien berichten, dass er diesen Titel auch für sich selbst beansprucht hat. Die christliche Reflexion unter Einbeziehung griechisch-philosophischer Denkkategorien führte zur Ausbildung der Lehre von der Dreifaltigkeit Gottes: Der eine Gott ist Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Der Sohn hat das Menschenschicksal bis zum Tod am Kreuz geteilt (Menschwerdung Gottes / nach Karl Rahner die „absolute Selbstmitteilung Gottes“) und nimmt durch Tod und Auferstehung alle, die unter der Macht des Todes stehen und ihm vertrauen, in die Gemeinschaft des dreifaltigen Gottes auf (Reich Gottes Vorstellung).
Weitere religiöse Sichtweisen
Buddhismus, Jainismus und teilweise auch der Daoismus sind religiöse Traditionen, die sich auf gar keinen Gott oder Gottheiten beziehen.
Mit dem Hinduismus gibt es eine Religion, in der das Höchste, Brahman in unterschiedlichen Formen bzw. Gottheiten erscheinen kann, beispielsweise als Shiva oder Vishnu. Diese Form des Glaubens wird Henotheismus genannt. Im hinduistischen Shaktismus liegt der Glaube vor, dass das höchste Göttliche weiblich ist.
Unreligiöse Sichtweisen
Atheistische Sicht
Anhänger eines schwachen Atheismus glauben nicht an Götter, Anhänger der starken Auprägung sind von deren Nichtexistenz überzeugt. Begründet werden atheistische Standpunkte häufig mit naturwissenschaftlichen oder allgemein-logischen Argumenten (siehe beispielsweise Theodizee und Ockhams Rasiermesser).
Im 19. Jahrhundert formulierte Ludwig Feuerbach in Umkehrung des biblischen Schöpfungsberichts die These, der Mensch habe Gott nach seinem Bilde geschaffen (Projektion). Friedrich Nietzsche lehnte schließlich jede Gottesvorstellung ab mit dem Ausspruch „Gott ist tot“ (aus: „Die fröhliche Wissenschaft“).
Agnostische Sicht
Agnostiker halten die Existenz höherer Wesen für unbekannt, grundsätzlich nicht erkennbar oder für irrelevant. Häufig wird diese Weltanschauung als Form des schwachen Atheismus betrachtet, mit dem starken Atheismus ist sie allerdings nicht vereinbar.
Kritik der Gottesvorstellungen
Seit Anbeginn der Religionen gibt es kritische Äußerungen zu ihnen. Die unterschiedlichen Philosophien und Glaubensarten, die sich mit der Kritik am jeweiligen Gottesbild auseinandersetzen, werden unter dem Begriff Religionskritik behandelt.
Juden- und Christentum
In der Sicht der Aufklärung lässt sich die „Natur Gottes“ auch als die Glaubensbewegung erkennen, die ihn jeweils verehrt. Er ist nach dieser Auffassung die Manifestation des transzendenten (über die Wahrnehmung des Einzelnen und des Gegenwärtigen hinausreichenden) Wesens der „kulturellen Masse“ und ihres gemeinschaftlichen Sinngefüges (vergleiche: Gesetz; Weltbild; Sitte; Gruppengefühlsordnung; oftmals verbunden mit dem Anspruch auf Universalität und absoluter Wahrheit).
Aus der Sicht einiger Religionswissenschaftler und Atheisten steht das Verhalten Jahwehs teilweise im Gegensatz zu seinen Eigenschaften: Das Alte Testament berichtet von Situationen, in denen Gott Bruder- und Kindermord und in Kriegen sogar Völkermord angeordnet hat, da die Völker okkulte Praktiken ausübten, die "der HERR verabscheut" (5. Mose 18, 12).
In der Religionswissenschaft wird der JHWH-Glauben manchmal auf externe Quellen zurückgeführt: Als Wurzeln bezeichnet werden u. a. Babylon (Inanna; heutiger Irak, die Heimat Abrahams), Ägypten (die Heimat des Moses), Persien (starker Dualismus Gott – Teufel, Ahura Mazda – Ahriman), phönizisch (El, Baal) und schließlich Kanaan (Fruchtbarkeitsgottheiten Aschera/Astarte/Astaroth und Dagon sowie Moloch/Melech, hebr. „Herr“, der Kinderopfer fordert). Konservative Theologen bestreiten eine solche Abhängigkeit. Das Alte Testament bezeugt eine kritische Auseinandersetzung mit und eine Absetzung von diesen Gottheiten, so werden die Israeliten in der Bibel ausdrücklich von Gott davor gewarnt dem Götzen Moloch ihre Kinder zu opfern, denn "das verabscheut der HERR euer Gott".
Für gläubige Monotheisten stellt sich die essentielle Frage, warum ein allmächtiger, guter Gott Leiden und Unglück auf der Welt nicht verhindert. Dieses Theodizee-Problem beschäftigt seit Jahrhunderten die Theologen und gilt manchen als ein Argument der Atheisten, Pantheisten und Deisten (siehe auch Leibniz). Hauptargument für die Wirklichkeit des liebenden und allmächtigen Gottes trotz der Anwesenheit und Übel und Bösem ist die menschliche Willensfreiheit.
Wie auch gegen andere religiöse Phänomene, oder allgemein den Glauben an übersinnliche Wesen oder Gegebenheiten, wird auch gegen den monotheistischen Gottesglauben von Atheisten religionskritisch eingewendet, es handle sich um bloße Projektion.
Siehe auch
Literatur
- Die Bibel
- Der Koran
- Erich Zenger: Der Gott der Bibel. Sachbuch zu den Anfängen alttestamentlichen Gottesglaubens Stuttgart:Verlag Katholisches Bibelwerk 1979, ISBN 3-460-31811-2
- Markus Witte (Hrsg.): Der eine Gott und die Welt der Religionen. 1. Aufl. Religion & Kultur-Verlag, Würzburg 2003 ISBN 3933891140
- Campbell Joseph: Die Masken Gottes, 4 Bde. Neuere Erkenntnisse aus Archäologie, Ethnologie und Anthropologie ISBN 3-423-59034-3
- Jack Miles: Gott, eine Biographie [über den Gott des Alten Testamentes]. Das Alte Testament als eine Literaturschöpfung der Menschheit; ein Gott, der mit einer großen Verwandlungsfähigkeit in Erscheinung tritt. ISBN 3423307110
- Wolfgang Cramer: Gottesbeweise und ihre Kritik. Prüfung ihrer Beweiskraft. Frankfurt am Main 1967 ISBN 3525774109
- John A.T. Robinson: Gott ist anders. 1967, B0000BMW32
Weblinks
- Bibliographie zur Gotteslehre
- Richard G. Swinburne, The Justification of Theism
- God and Other Necessary Beings Eintrag (englisch) in der Stanford Encyclopedia of Philosophy (inkl. Literaturangaben)
- Einfache Erläuterungen zum Gott der Christen
Contra Gottesglaube:
- An welchen Gott kann man als kritischer und naturwissenschaftlich geprägter Mensch noch glauben ?
- Wer ist eigentlich Gott? Analyse der Gottesattribute inkl. dafür relevanter Bibelstellen
Fußnoten
- ↑ Vgl. Deutsches Wörterbuch von Jakob Grimm, siehe http://www.dwb.uni-trier.de/index.html
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